Polizist in reflektierender Uniform nachts

Demofibel

Teilnahme an einer Versammlung im Sinne des Versammlungsgesetzes

Im Versammlungsrecht gelten besondere Regeln und Grenzen. Wir wollen mit der folgenden plakativen Aufzählung eine Orientierungshilfe über die Besonderheiten des Versammlungsrechts für alle Bürgerinnen und Bürger geben. Die Aufzählung erhebt keine Ansprüche auf Vollständigkeit.

Rechte

Jede und jeder hat das (Grund-)Recht und die Freiheit, sich mit anderen gemeinsam friedlich zu versammeln und seine Meinung öffentlich Kund zu tun. Die Versammlungs- oder auch Demonstrationsfreiheit ist somit eines der fundamentalen Freiheitsrechte der Bürger „gegen die Willkür des Staates“ und einer der Grundpfeiler des demokratischen Staatswesens.

Das höchste deutsche Gericht, das Bundesverfassungsgericht, machte in seinem berühmten „Brokdorf Beschluss“ deutlich, welche immense Bedeutung die Versammlungsfreiheit für unser demokratisches Staatswesen hat. Alle Bürger haben das verfassungsmäßig geschützte Recht, ihre Meinung lautstark, kreativ und durchaus provozierend in der Öffentlichkeit zu äußern. Dies gilt auch für Meinungen, die in der Mehrheit der Gesellschaft nicht geteilt oder gar auf Ablehnung stoßen, also für anders denkende Minderheiten.

Gebote

Eine geplante Demonstration unter freiem Himmel muss spätestens 48 Stunden vor der Bekanntgabe bei der zuständigen Behörde (meist Ordnungsbehörde, Versammlungsbehörde) angemeldet werden, damit rechtzeitig alle Maßnahmen zur Gewährleistung und zum Schutz der Versammlung getroffen werden können.
Eine Ausnahme bilden tatsächliche spontane Versammlungen und Eilversammlungen, für die die 48-Stunden-Regel nicht gilt. Nur in diesen Fällen entscheidet die Polizei im Rahmen ihrer Eilzuständigkeit.

Verstöße gegen die Anmeldepflicht durch den Veranstalter oder Leiter können gemäß § 26 VersammlG strafbar sein.

Um ein friedliches Miteinander zu gewährleisten, kann die Versammlungsbehörde – bei entsprechender Gefahrenprognose - Grundregeln festlegen, welche in Form einer Auflagenverfügung bekannt gegeben werden.  Bei  laufenden Versammlungen können diese Grundregeln von der Polizei angepasst werden, wenn durch Versammlungsteilnehmer Grundrechte Anderer über Gebühr eingeschränkt werden und so der weitere Fortgang der Versammlung ermöglicht wird.

Verstöße gegen die Auflagenverfügung können für den Veranstalter oder Leiter strafbar sein (§ 25 VersammlG), Teilnehmer können ordnungswidrig handeln (§ 29 VersammlG).
 

Veranstalter ist derjenige, der die Versammlung plant, organisiert, zu ihr aufruft bzw. einlädt. Jedermann hat das Recht, öffentliche Versammlungen und Aufzüge zu veranstalten. Der Veranstalter muss in der Einladung seinen Namen angeben. Der Veranstalter ist in der Regel auch der Versammlungsleiter.

Leiter ist derjenige, der bei der Durchführung der Versammlung vor Ort befugt ist, die wesentlichen Entscheidungen zu treffen und den äußeren Ablauf bestimmt. Jede Versammlung muss grundsätzlich einen Leiter haben, meistens ist dies auch der Veranstalter der Demonstration. Er achtet darauf, dass die Ordnung und die gesetzlichen Regeln eingehalten werden. Dazu kann er auch Anweisungen an die Teilnehmer geben, die diese zu befolgen haben. Er kann die Versammlung jederzeit unterbrechen und beenden. Er bestimmt, wann eine unterbrochene Versammlung fortgesetzt wird. Er kann sich zur Ausübung seiner Rechte der Hilfe ehrenamtlicher Ordner bedienen. Er hat das Recht, dass sich Polizeibeamte ihm gegenüber zu erkennen geben. Der Leiter hat die Pflicht, grundsätzlich allen interessierten Personen die Teilnahme zu ermöglichen. Er hat somit eine gewisse Anwesenheitspflicht.

Ordner sind solche Personen, die den Leiter bei seinen Leitungsfunktionen unterstützen und dabei insbesondere die Einhaltung der äußeren Rahmenvorgaben überwachen und ggf. durchsetzen. Damit die Versammlung friedlich und ohne Verstöße abläuft, kann oder muss der Versammlungsleiter sich einer angemessenen Zahl unbewaffneter und volljähriger Ordner bedienen. Die Ordner müssen mit weißen Armbinden mit der Bezeichnung „Ordner“ gekennzeichnet sein. Sie sind befugt, den Leiter bei der Durchführung seines Ordnungsauftrages zu unterstützen und als verlängerter Arm des Leiters für einen geordneten Verlauf der Versammlung zu sorgen. Ordner sind zugleich Teilnehmer. Die Verwendung der Ordner kann auch per Auflage festgelegt werden.

Die Verwendung bewaffneter Ordner ist für den Leiter der Versammlung strafbar (§ 24 VersammlG).

Teilnehmer sind alle Personen, die persönlich anwesend sind, Anteil nehmen und somit von der inneren Zweckbindung mitumfasst sind. Teilnehmer sind auch der anwesende Veranstalter, Leiter und die Ordner. Alle interessierten Personen haben das Recht einer Teilnahme. Der Teilnehmer hat ein Recht auf polizeilichen Schutz, wenn ihm der Zutritt zur Versammlung grundlos verweigert wird. Alle Versammlungsteilnehmer sind verpflichtet, den Ordnungsanweisungen des Leiters oder dessen Ordnern nachzukommen.

Schützenswert im Sinne des Grundgesetzes ist jede Versammlung, solange sie „friedlich“ (also gewaltfrei) und ohne Waffen durchgeführt wird. Hierbei ist zu beachten, dass die jeweilige Versammlung in ihrer Gesamtheit (sprich mehrheitlich) gewalttätig sein muss, um als „unfriedlich“ zu gelten.

Verbote

Nicht erlaubt sind Äußerungen, die gegen geltendes Recht verstoßen oder die Grundrechte anderer verletzen.

Die Teilnehmer einer Demonstration dürfen sich weder in der Demonstration noch auf dem Weg dahin vermummen, also zielgerichtet Kleidung oder Accessoires anlegen, die verhindern sollen, dass man die Identität feststellen kann.

Wer dagegen verstößt, kann sich  strafbar machen (§ 27 VersammlG).

Nur Versammlungen, die „friedlich und ohne Waffen“ stattfinden werden durch das Grundgesetz geschützt. Hierdurch sollen die Folgen im Falle eines Aufeinandertreffens von rivalisierenden Interessengruppen so niedrig wie möglich gehalten werden.

Das Führen von Waffen, gefährlichen Gegenständen ist verboten. Wer dagegen verstößt, kann sich strafbar machen (§ 27 VersammlG).

Auch sogenannte „Schutzwaffen“, (beispielsweise Schutzschilde, Helme, … -auch selbst hergestellte-) sind verboten, weil sie körperliche Auseinandersetzungen rivalisierender Gruppen verlängern könnten. Weiterhin werden Schutzwaffen getragen um rechtmäßige polizeiliche Maßnahmen abzuwehren.

Das Führen von Schutzwaffen oder Gegenständen, die als solche eingesetzt werden können, ist verboten, wer dagegen verstößt, kann sich strafbar machen (§ 27 VersammlG).

Das Tragen von Uniformen, Uniformteilen oder gleichartigen Kleidungsstücken als Ausdruck einer gemeinsamen politischen Gesinnung ist in Versammlungen aber auch sonst in der Öffentlichkeit nicht erlaubt. Diese Regelung nimmt die negativen Erfahrungen der Weimarer Republik und der Diktaturen in Deutschland auf, in denen uniformierte Gruppen das Droh- und Einschüchterungspotenzial von Uniformen massiv genutzt haben.

Verstöße gegen das Uniformverbot können strafbar sein (§ 27 VersammlG).

Versammlungen finden ab und an in Form von Blockaden statt. „Missliebige“ Betriebe oder Verkehrsströme werden blockiert oder Demonstrationen politischer Gegner verhindert. Werden dabei mit körperlichem Einsatz Hindernisse für Personen oder Fahrzeuge gebildet, können die Teilnehmer sich unter Umständen wegen Nötigung (§ 240 StGB) bzw. Störung oder Sprengung einer Versammlung (§ 21 VersammlG) strafbar machen. Die Versammlungsfreiheit berechtigt nicht dazu, mit Blockaden gleichwertige Rechte Dritter zu beeinträchtigen oder eigene Belange gewaltsam durchzusetzen.

Verhalten bei Verstößen

Oft ist es nur ein verschwindend geringer Prozentsatz von Personen, die Rechtsverstöße begehen. Die Mehrheit aller Versammlungsteilnehmer möchte friedlich demonstrieren.

Rechtsverstöße schaden Ihrer Versammlung.

Wenn sie Verstöße bzw. unfriedliche Aktionen aus Ihrer Versammlung feststellen, zeigen Sie deutlich, dass Sie selbst friedlich demonstrieren wollen, indem sie sich von solchen Personen klar distanzieren.

Demo-Regeln für die Polizei

Die Polizei hat jede nicht verbotene und mehrheitlich friedliche Versammlung  zu schützen und ihre Durchführung zu gewährleisten. Darüber hinaus stellt sie den Ausgleich zwischen kollidierenden Rechtsgütern verschiedener Bürgerinteressen sicher. Polizei ist also für jeden da und damit zur politischen Neutralität verpflichtet.

Alle polizeilichen Maßnahmen haben sich am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu orientieren. Verhältnismäßigkeit verlangt, dass jede Maßnahme, die in Grundrechte eingreift, einen legitimen öffentlichen Zweck verfolgt und überdies geeignet, erforderlich und verhältnismäßig im engeren Sinn („angemessen“) ist. Eine Maßnahme, die diesen Anforderungen nicht entspricht, ist rechtswidrig.

Die Polizei ist dafür verantwortlich, genau zwischen friedlichen und unfriedlichen Versammlungsteilnehmern zu unterscheiden (sog. Differenzierungsgebot) und ihre Maßnahmen entsprechend anzupassen. Das Verhalten der verschiedenen Teilnehmer(gruppen) bestimmt die Richtung und Ausprägung polizeilichen Handelns.